40 Jahre Intensivstation - eine Krankenschwester erzählt

Viel hat sie gesehen in den vier Jahrzehnten auf der interdisziplinären Intensivstation im Ev. Krankenhaus Hamm: die ganz schweren Fälle. Und immer wieder waren das Leben und der Tod eng beieinander: „Obwohl hier mein zweites Zuhause ist und es mir ein wenig schwerfällt zu gehen“, sagt Ulrike Vehring, „sehe ich auch immer mehr Patienten, die meinem Jahrgang näherkommen. Das bedrückt schon ein bisschen.“

Mit 17Jahren hat sie im EVK Hamm angefangen: „Ich erinnere mich noch gut an Schulschwester Edelgard, die für Ordnung gesorgt hat – auch zu unserem Bedauern im Schülerinnenwohnheim am Langewanneweg“, schmunzelt sie. Nach der Ausbildung arbeitete sie zunächst ein halbes Jahr auf der Privatstation, bis die heute 63-Jährige auf die Intensivstation kam. „Damals hatten wir sieben Betten und ein Beatmungsgerät für die internistischen schwerkranken Patienten. Heute sind es doppelt so viele und dazu acht Beatmungsplätze – und die Patienten kommen aus allen Abteilungen: nach Operationen, mit Krebserkrankungen oder natürlich mit anderen internistischen Erkrankungen.“

Für Ulrike Vehring hat sich auch privat viel im EVK abgespielt: Hier lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, der auch als Krankenpfleger arbeitete, und hier auf der Geburtsstation bekam sie ihre zwei Töchter. In ihrem Berufsleben hat sich in ihren 46 Dienstjahren eine Menge verändert: „Für die Patienten hat sich vieles verbessert. Aufgrund von neuen schonenderen Operationsmethoden kommen die Kranken heute deutlich schneller wieder auf die Beine als früher“, erklärt die erfahrene Intensivschwester, „Die sogenannte Liegezeit hat sich erheblich verkürzt. Indessen gibt es aber zum Beispiel wegen notwendiger Isolierungen von Patienten aufgrund von Keimen einen erheblich erhöhten Arbeitsaufwand in der Pflege. Und dann kommt die aufwändige Dokumentationspflicht noch dazu.“

Ulrike Vehring ist eine Frau, die mitten im Leben steht. Wie geht man damit um, dass jeden Tag viel Leid um einen herum ist? „Es sterben gar nicht so viele Menschen auf der Intensivstation wie man so denken könnte“, berichtet sie, „Eigentlich haben wir viele positive Erlebnisse, wenn sich die Menschen wieder von einer schweren Krankheit erholen. Obwohl unsere große Verantwortung doch manchmal drückt. Als ich schwanger war, sagte ein im Sterben liegender 80-Jähriger zu mir ‚Jetzt kommt neues Leben, jetzt muss ich wohl gehen‘. Er hat es überlebt und kam später mit einem großen Blumenstrauß vorbei.“

Ihr eigenes neues Leben als Rentnerin wird sie jetzt mit ihrem Lebensgefährten so richtig genießen. „Im EVK werden mir wohl vor allem meine Kollegen fehlen!“, betont Ulrike Vehring mit einem kleinen bisschen Wehmut in der Stimme. Und so sind vier Jahrzehnte auf der Intensivstation mit einem weinenden und einem lachenden Auge zu Ende gegangen.

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