Feedback der Kliniken nach Berlin-Gespräch mit MdB Michael Thews

Michael Thews, SPD-Bundestagsmitglied für Hamm, Lünen, Selm und Werne, hat ein weiteres Mal den Kontakt zu den Krankenhäusern seines Wahlkreises gesucht. In einem Treffen, das pandemiebedingt diesmal nicht im St. Marien-Hospital Hamm, sondern online stattfand, fragte er die Themen ab, die nach Ansicht der Kliniken deutlicher im Fokus der Bundespolitik stehen müssten.


In den meisten Punkten waren Geschäftsführer Michael Kleinschmidt und Pflegedirektor Klaus Böckmann vom Klinikum Westfalen, der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Wolfgang Kamin vom Ev. Krankenhaus Hamm, Geschäftsführer Thorsten Keuschen, der Ärztliche Direktor Dr. Rainer Löb und Pflegedirektor Jens Alberti von der St. Barbara-Klinik und vom St. Marien-Hospital Geschäftsführer Thomas Tiemann, der Ärztliche Direktor Prof. Dirk Böcker und Pflegedirektor Jörg Beschorner, völlig einig. Die Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus stößt auf hohe Akzeptanz, der Ablauf der Umsetzung jedoch nicht: „Am 1. Februar muss es weitergehen“, so Prof. Dirk Böcker, denn der Frust nach der kurzfristigen Absage am Vortag der Impfung sitze tief. Die Impfbereitschaft sei dadurch nicht zurückgegangen, „Es hat viele Mitarbeiter gegeben, die sich noch nachträglich gemeldet haben, etwa 79 Prozent der Belegschaft wollen geimpft werden“, so Dr. Rainer Löb.
Immer noch angespannt ist die Lage auf den Intensivstationen. „Wir haben erwachsene Patienten, die wir auf der Kinderintensivstation unterbringen mussten“, so Prof. Kamin. „Alle Beatmungsgeräte sind belegt“, so Prof. Böcker. Es handle sich dabei um Covid- und um Nicht-Covid-Erkrankte, denn der Krankenhausbetrieb laufe, so Kleinschmidt, weiter.
„Der coronaadaptierte Regelbetrieb“, so Prof. Kamin, werfe auch finanziell Probleme auf: „Wenn am 31.01.2021 der Rettungsschirm endet, kommen wir alle in Liquiditätsengpässe. Wir wissen heute noch nicht: Was wird am 1. Februar sein?“. Zumal der zweite Rettungsschirm anders als der erste die Belastungen der Häuser nur teilweise berücksichtigt hat. Es infizieren sich trotz eingehaltener Schutzmaßnahmen auch Krankenhausmitarbeiter, was Engpässe bei der Versorgung zur Folge hat. Außerdem seien die Kosten für Umbaumaßnahmen der Häuser, etwa um räumlich zusätzliche Intensivkapazitäten zu schaffen, bislang nirgendwo ersetzt worden, so Prof. Kamin. Und der schon vor der Pandemie vorhandene Sanierungsstau - bedingt durch nicht gezahlte Fördermittel - sei natürlich auch noch da, so Thorsten Keuschen, der die Aktionen des Bundes während der Pandemie aber ansonsten lobte. Die Beschaffung der Materialien wie zum Beispiel FFP2-Masken habe funktioniert, so Thomas Tiemann: „Wir geben im Moment jedem Mitarbeiter zusätzlich zehn FFP2-Masken, um sie auch im privaten Raum zu schützen.“

„Ein Jahr haben wir Erfahrungen mit Corona, wir wissen, dass die Pflegenden der Engpass sind, nicht die Geräte – doch was wurde geändert?“ fragte Jens Alberti. Die Finanzierung der Pflege bremst flexible Lösungen: „Das sinnvolle Prinzip, dass derjenige eine Leistung erbringen soll, der das am kostengünstigsten und besten kann, scheint bei der Pflege nicht zu gelten. Hilfskräfte, die die ausgelernten Pflegekräfte bei Routinetätigkeiten unterstützen, werden in der Verordnung nicht hinreichend berücksichtigt.“ Da muss mit einem vernünftigen Budget nachgebessert werden, fanden alle. Außerdem würde der Pflegeberuf in den Medien oft fälschlich als besonders schlecht bezahlt dargestellt. Dass es sich um einen Beruf mit vielen Chancen und Weiterbildungsmöglichkeiten, Verantwortung und Abwechslung sowie hoher Flexibilität handelt, das, so Jörg Beschorner, werde Entwurf / noch nicht freigegeben! meist nicht dazugesagt. Zwar würden die Ausbildungskapazitäten schon lange vor Corona hochgefahren, aber die Pflege erhalte von der Öffentlichkeit wenig Rückhalt.

Stattdessen werde den Kliniken Gewinnmaximierung bis hin zum Betrug vorgeworfen. Insbesondere die Prüfer des MDK würden unnötigerweise zu viele ärztliche und pflegerische Zeitressourcen von der Patientenversorgung abziehen, war sich Prof. Kamin mit den anderen einig. Dr. Löb verdeutlichte, dass zu zwei sinnvollen Stunden Visite inzwischen mindestens eine dreiviertel Stunde Dokumentationsarbeit dazukommt, nur um zu belegen, dass man alle Vorgaben befolgt – damit sei keinem Patienten geholfen, das sei vielmehr ein Schildbürgerstreich. „Die unflexible Anwendung der Pflegepersonaluntergrenzen während der Pandemie führt dazu, dass wir Intensivbetten eigentlich nicht in dem Umfang anbieten dürfen, wie es bedarfsgerecht wäre“, so Tiemann. Michael Thews stellte klar, dass er zwar durch Praxistage in einer Notaufnahme Einblick in die Arbeit in der Medizin gewonnen habe, als Umweltexperte jedoch nicht unmittelbar Einfluss auf Gesundheitspolitik habe. Dennoch bot er sich an, Ideen und Kontakte weiter zu geben. „Schnelle Gesetze“, wie die Pandemie sie verlangte, „sind oft ungenau“, erläuterte er. Es sei nicht hinzunehmen, dass Kliniken heute noch nicht wissen, unter welchen Bedingungen sie in 10 Tagen arbeiten müssen. „Sie brauchen natürlich Planungssicherheit!“, zum Beispiel bei der Finanzierung von Intensivbetten. Das Ziel einer Maßnahme dürfe bei der Umsetzung nicht aus den Augen verloren werden. Er wolle den Kontakt zur Basis halten und erwarte im Gegenzug konkreten Input von den Kliniken.

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