Kulturelle Vielfalt im EVK Hamm

Die Vermittlung transkultureller Kompetenz ist bisher nicht Bestandteil des Medizinstudiums. Das spezielle interdisziplinäre Fortbildungsprogramm der Ärztekammer Westfalen-Lippe umfasst migrantenrelevante Schwerpunktaspekte der Disziplinen Allgemein- und Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde, Kinder- und Jugendmedizin, Öffentliches Gesundheitswesen sowie Neurologie und Psychiatrie. Der besondere Bedarf des Patienten mit Migrationshintergrund an Begleitung und fokussierter Wahrnehmung ist nicht auf Kommunikation und die Überwindung sprachlicher Barrieren beschränkt, sondern erfordert auch eine besondere Kultursensibilität – auf Seiten von Arzt wie Patient.

Auch die Integration ärztlicher Kollegen aus fremden Ländern, die neben ihrer fachlichen Kompetenz andere rechtliche, kulturelle, ökonomische und technische Abläufe gewohnt sind, stellt einen Bereich der transkulturellen Kompetenz dar.

Cordula Boeddinghaus erläutert die Notwendigkeit ihrer erworbenen Kompetenz für den Klinikalltag: „Patienten aus einem fremden Kulturkreis sind häufig ganzheitlich und interdisziplinär zu betrachten, damit überhaupt eine Diagnostik und Therapie nach westlicher Lesart erfolgen kann. Der transkulturelle Aspekt ist beispielsweise bei Kommunikation oder Versorgungsmanagement oft besonders augenfällig: Wenn nur der Patriarch als ranghöchstes Familienmitglied mit dem Arzt über den Patienten sprechen und Entscheidungen treffen darf, steht dem bei uns nicht nur die ärztliche Schweigepflicht entgegen; wenn die besorgte Großfamilie mit dem Patienten ins Krankenhaus einziehen oder diesen dort selbst bekochen will, sind spontane, interkulturelle und konstruktive Lösungsansätze gefragt.“

Hintergrund:

Migration ist so alt wie die Menschheit selbst und die Prognose für Krankenhäuser lautet kulturelle Vielfalt. Schätzungen gehen davon aus, dass in wenigen Jahren jeder zweite Einwohner unter 40 Jahren in Nordrhein-Westfalen einen Migrationshintergrund haben wird. Weltweite Migration und resultierende Flüchtlingsströme wirken sich vor Ort bereits erheblich unmittelbar auf den ärztlichen Alltag aus. Nicht zuletzt deshalb sieht der Krankenhausplan NRW unter Bezugnahme auf § 3, Abs. 1 KHGG NRW seit 2015 die interkulturelle Öffnung der Krankenhäuser und eine verstärkte Kultursensibilität des Personals vor.

Gerade im Bereich der Kinderklinik des EVK mit einem hohen Anteil an Patienten mit Migrationshintergrund ist eine Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter Voraussetzung für guten diagnostischen und therapeutischen Erfolg.

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